Composer in Residence
der Kammermusikvereinigung des Hessischen Staatsorchesters Wiesbaden
KONZERTPROGRAMM
VOM SONNTAG, 7. JUNI 2015, 11UHR
HESSISCHES STAATSTHEATER WIESBADEN, FOYER
Charles-Marie Widor (1847-1937)
Sérénade op. 10 für Flöte, Violine, Violoncello, Harmonium und Klavier
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Cornelius Hummel (* 1957)
Tableau surreal (1986)
für Flöte (Piccolo), Klarinette, Posaune, Harfe, Celesta, Harmonium, Klavier und Streichquartett
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Franz Liszt (1811-1886)
Elegie für Violoncello, Harfe, Klavier und Harmonium
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Cornelius Hummel
Adagio memore (2003) für Streichquintett
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Maurice Ravel (1875-1937)
Sonate für Violine und Klavier
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Cornelius Hummel
Indianisches Gebet (2015)
Raum-Klang-Komposition für Kammerensemble (Uraufführung)
Zur Uraufführung "Indianisches Gebet"
Die sieben-sätzige Komposition ist inspiriert von einer rituellen Morgen-Zeremonie, die ich von zwei Menschen indianischer Abstammung kennen gelernt habe. Bob und Lee Nitsch, vom Stamm der Seneca geben das alte spirituelle Wissen der Natives an andere Menschen weiter, in einer ganz wunderbaren, bescheidenen Art und Weise: klar, kraftvoll und tief berührend. Bei der Morgen-Zeremonie, sie nennen es prayer, werden voller Hingabe bei Sonnenaufgang die vier Himmelsrichtungen begrüßt und die lebendigen Kräfte, die in den Himmelsrichtungen leben. Dazu das "Oben" (der Himmel), das "Unten" (die Erde) und das eigene Innere (Das Tor zum Geist, der in allen Dingen wohnt). Es ist ein bewusstes Beginnen des neuen Tages in Form einer tief empfundenen Danksagung an die Schöpfung.
Nach dem Kennenlernen und dem wiederholten Ausführen dieser Zeremonie stärkte sich in mir der Wunsch, das Erlebte in Töne zu fassen. Es bot sich die Gelegenheit, für das Konzert, zu dem ich von der Kammermusikvereinigung des Hessischen Staatsorchester Wiesbaden als "Composer in Residence" eingeladen wurde, eine Umsetzung als Raum-Klang-Komposition für das Foyer des Hessischen Staatstheaters zu realisieren. Beim Komponieren immer das Foyer vor Augen und Ohren, teilte ich die Spieler bestimmten Bereichen und Himmelsrichtungen zu. Das Streichquartett wird im Osten (Im Rücken des Publikums) platziert sein, die Flöte links oben im Süden, Kontrabass und Posaune vorne auf der Empore im Westen, die Klarinette rechts oben im Norden. Harfe, Celesta, Harmonium und Klavier werden sich auf dem Podium vor dem Publikum befinden. Die Besetzung entspricht bis auf die Hinzunahme des Kontrabass meiner Komposition "Tableau Surreal", die auch an diesem Morgen erklingt. Somit sind alle Spieler dieses Konzerts beteiligt. Die Sätze sind wie folgt benannt, angeordnet und instrumentiert:
1. An den Osten (alle Spieler des Kammerensembles)
2. Gesang des Himmels (Piccolo, Klarinette und Celesta)
3. An den Süden (alle Spieler des Kammerensembles)
4. Gesang der Erde (Posaune, Kontrabass, Harmonium und Klavier)
5. An den Westen (alle Spieler des Kammerensembles)
6. Gesang des Inneren (Streichquartett und Harfe)
7. An den Norden (alle Spieler des Kammerensembles)
Den verschiedenen Sätzen liegen Elemente indianischer Lieder zugrunde, wie "Grandfather sun" von Bob Nitsch (An den Süden), "Trommle mein Herz für das Leben..." traditionell (Gesang der Erde) oder "Winter Spirit Song" von Johnny Moses (An den Norden).
Mitwirkende:
Thomas Richter, Flöte / Piccolo
Dörte Sehrer, Klarinette
Christoph Paus, Posaune
Kristina Kuhn, Harfe
Polina Grishaeva, Celesta
Andreas Karthäuser, Harmonium
Erika le Roux, Klavier
Karl-Heinz Schultz, Violine
Christine Seiler, Violine
Gertrud Weise, Viola
Cornelius Hummel, Violoncello
Markus Kräkel, Kontrabass
Benjamin Schneider, Leitung
1. An den Osten
tableau surreal
Als Auftragswerk des mutare ensembles entstand meine Komposition tableau surreal und wurde 1986 bei den Frankfurt Festen im Hindemith-Saal der Alten Oper uraufgeführt.
Inspiriert und unter der Faszination der Gemälde Salvatore Dali's begann ich das Experiment, bildhafte Eindrücke im freien schöpferischen Spiel der Assoziation, in Musik zu übertragen.
Es sollte eine musikalische Szenerie entstehen, in der z.B. Tongebilde, kaum konkret geworden, wieder zerfließen oder sich auflösen..., Resonanzräume durch spezielle Instrumentalklänge geöffnet werden, pulsierende Cluster sich auftürmen, um plötzlich explosionsartig zu zerplatzen oder Klangformationen wie in einem Wolkenspiel immer wieder andere Erscheinungsformen annehmen. Aus dem Nichts entstehende Einzeltöne schieben sich aneinander vorbei und enden mit einem starken Anschwellen im letzten Moment, wie wenn sie auf einem Tonband rückwärts abgespielt würden. Choral-ähnliche Passagen lassen Harmonien aufblühen, die durch Glissandi jedoch immer wieder unscharf werden und verschwimmen. So entsteht eine Musik, bei der, wie in einer Traumwelt, Geschehnisse überdeutlich aufscheinen, in jedem Augenblick aber in eine andere Richtung führen können oder die Gestalten sich verändern.
C.H.
Adagio memore
Im Jahr 2003 komponierte Cornelius Hummel im Gedenken an seinen im Sommer 2002 verstorbenen Vater Bertold Hummel ein „Adagio memore“ für Streichquintett.
Diese Komposition stellt in mehrfacher Hinsicht Bezüge zur Klangsprache des Vaters her. Der Komponist schreibt dazu: „Mir schwebte eine Adagiomusik vor, die in einem Klangstrom, von meinem Vater bevorzugte Satztechniken aufgreift und an zentraler Stelle die Anfangstakte seines op. 62 (Adagio in memoriam B. Britten) als Zitat aufscheinen lässt. In der Schluss-Sequenz meiner Komposition, mit statico überschrieben, erklingen 76 fünfstimmige Akkorde, deren akzentuierte Veränderungen, Glockenschlägen gleich, symbolisch die Lebensjahre meines Vaters unaufhaltsam vorbeiziehen lassen.“
In der Emotionsdichte zwischen Trauer, Bewältigung und Auseinandersetzung entstand „Adagio memore“. Trotz der absichtsvollen Annäherung an die Klangsprache des Vaters kommen im „Adagio memore“ von Cornelius Hummel völlig eigenständige Aspekte musikalischen Denkens zum Ausdruck.
Thomas Müller
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